Language and Social Media

Adria Meilentörn - Teil 1

Rijeka - Dubrovnik 485 km / 12 Tage

Nach den Berichten von Kanuseglern des 19. Jahrhunderts, John MacGregor und Warington Baden-Powell, sind Segelkanus wie fliegende Teppiche: leicht, schnell und ungeheuer vielseitig. Wie weit kommt man damit wirklich? Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden: man muss es ausprobieren.

Dubrovnik, Lopud Ich kenne diese Stimme wie meine eigene:

- Wie wäre es, wenn wir mit dem Segelkanu im Sommer die kroatische Küste runtersegeln? Rijeka - Dubrovnik ist sicher in zwei Wochen zu schaffen: sagte die Stimme.
- Du hast einen an der Waffel: sagte ich. - Wenn ich nur an Paddeln denke, tut mir die Schulter weh. Ich bin jetzt grad von diesen ekligen Schmerztabletten runter, von denen mir immer so übel wird. Ausserdem werde ich gebraucht und mache gute Geschäfte, ich kann hier nicht weg.

- Sonne, Sand und Meer: sang die Stimme, und erinnerte mich an einen Urlaub vor einigen Jahren mit dem Land-Rover auf der Küstenstrasse von Rijeka nach Zadar, klares Wasser und den Geschmack von frischen Feigen, die kahlen Inseln am Horizont wie schlafende Tiere aus grauer Vorzeit und den beim Sonnenuntergang unordentlich gefassten Vorsatz, einmal zurückzukehren und auf diesem Meer zu segeln bis zu den Inseln und darüber hinaus. Es ist eine helle Kinderstimme, unbeschwert und fröhlich, und so sehr ich mich auch bemühe, ich werde sie nicht los. Sie ist nie anklagend, nie vorwurfsvoll. Und deshalb ist sie unwiderstehlich.

Segelkanu Bufflehead auf Cres - Ich wollte immer schon mal sehen, wie weit man mit einem Segelkanu kommt: sagte ich. Darf ich so viele Kilometer machen wie ich will?
- So viele du willst, und mehr: sagte die Stimme.
- Und ich will rausfinden, welches kroatische Bier das beste ist: sagte ich.
Damit war die Sache geritzt. Ende Juli war ich mit dem Boot auf dem Autodach in Rijeka.

Ich hatte meinen Vater überredet, jeden Tag den Seewetterbericht auf das Mobiltelefon zu senden, denn der Bora, der kalt von den Bergen hinunterfällt und über das Wasser fegt, kann für kleine Boote absolut tödlich sein. Es war ein gutes Gefühl zu wissen, dass Helmut fünfhundertsechsundvierzig nautische Meilen entfernt vor seinem Bildschirm über die Wetterkarten wachen und mich rechtzeitig vor Gefahren warnen würde. Das bewahrte mich nicht vor dem kräftigen Nordwind, der mich am ersten Tag von Icici auf das abgelegene Cres hinüberblies, ein Grund, das zweite Reff einzuschlagen, damit das Boot im Wellengang leicht auf dem Ruder lag und nicht in Gefahr lief, querzuschlagen.

Nachtlager Abends fand ich eine kleine Bucht, hob mein Boot auf den einsamen Kiesstrand, spannte eine Plane darüber und legte Isomatte und Schlafsack im Kanu aus. Die Plane fiel nach fünf Minuten wieder um, aber die Kinderstimme hatte eine Idee:
- Am besten legst du einen dicken Wackerstein über die Heringe, dann halten sie auch!

Am zweiten Tag kam ich bei schwachen wechselnden Winden bis nach Pag, bis in eine abgelegene Bucht vor Novalja. Ich staunte, als ich die Tagesetmale auf der Karte abgriff: an beiden Tagen war ich jeweils mehr als 50 Kilometer gefahren, ohne dass es mich besonders angestrengt hätte.

Belegtes Segel und Ruder An mein neues Leben auf dem Wasser gewöhnte ich mich bald. Um sechs weckten mich die Zikaden, und es war Zeit, Tee zu kochen. Meistens gab es Porridge dazu, mit haltbaren Zutaten einfach herzustellen. Um acht Uhr paddelte ich in die Morgenflaute und hielt Ausschau nach der dunkleren Linie am Horizont, die sich verbreitern und mir das Einsetzen der Morgenbrise anzeigen würde. Dann versuchte ich, unter Segel Strecke zu machen. Das Kind fand bald heraus, dass Segeln oder Paddeln keine Alternativen sind. Wenn man wirklich vorwärts kommen will, muss man gleichzeitig segeln und paddeln. Dazu belegte ich die Schot am Schwertkopf, fixierte eine Ruderstange mit etwas Gegendruck, und trieb das Boot mit lockeren Paddelschlägen auf etwa sechs Kilometer. Auf diese Weise hatte ich den ganzen Tag beide Hände voll zu tun, und das Leben wurde auf beängstigende Weise intensiv. Vor dem Törn hatte ich zusätzliche Speicherkarten für die Kamera besorgt, um kleine Flmsequenzen zu drehen und dann hinterher zu einem Video zusammenzuschneiden. Aber vor lauter Schauen, Erleben und Handeln kam ich gar nicht zum Fotografieren, und aus dem Videoprojekt wurde nichts.

Leuchtturm Trstenik - Wie geht es dir: fragte ich das Kind.
-So schön hier draussen auf dem Wasser: sagte es. - Schau nur. Hast du heute morgen die beiden Delfine gesehen?
- Ja: sagte ich. - Und das Sonnenlicht auf den Wellen sieht jede Stunde anders aus. Irgendwie magisch.
- Ich will Leuchttürme fotografieren! sagte das Kind.
- Du verwackelst alle Bilder: beschwerte ich mich.
- Das macht sie authentisch: sagte das Kind.

Zurück zum Seitenanfang
Zurück zur Einstiegsseite