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Mit dem Segelkanu rund um Elba - Teil 1

Samstag, 21.05.2011

Anreise nach Piombino Ich bin unterwegs, um wieder einmal Wind und Wasser zu spüren. Auf der Fahrt nach Piombino hört ein Teil von mir aufmerksam den Motor ab, während ein anderer Teil bereits Wellenmuster vorausahnt und die Muskeln sich strecken wie in Erwartung einer Böe, die in das Segel greift und das Boot auf der langen Dünung Fahrt aufnimmt und der Wind ringsum das Wasser riffelt, tiefblau der Ozean.
Ich habe daran gedacht als ich den Rumpf baute, die Planken bog und ihren Linien nachfuhr: wie wird sich das Boot verhalten in Wind und Welle? Setzt es weich ein? Stabil, handlich und bequem? Trocken? Während der Arbeit, nebenher: braucht es noch eine Versteifung, kann man das leichter bauen? Was ist wenn das Ruder in der Brandung aufsetzt? In Gedanken war ich schon lange unterwegs.

Auf dem Campingplatz zwölf Kilometer nördlich von Piombino, bunte Lichtergirlanden in einem Kiefernwäldchen. Kinder spielen in Gruppen, die Eltern vergnügen sich an der Bar und neben meinem Stellplatz geht eine feuchtfröhliche generationenverbindende Familienparty ab. Nur ich habe mehr als 800 Kilometern in den Knochen, nehme meinen unsozialen Abend und ziehe grummelnd auf der Suche nach einer stillen Ecke mein Segelkanu hinter mir her wie ein Einsiedlerkrebs sein Schneckenhaus.

Sonntag, 22.05.2011

NW, später W 1-2
Sonnig
Tagesetmal 35,5 km
Tagesdurchschnitt 4,6 km/h

Ich hole das Segel dicht und bin jedesmal von neuem erstaunt, wie leicht das Boot vorwärts gleitet. Das Meerwasser glitzert im sonnigen Dunst,

ich bin unterwegs, das Leben geht weiter

Der letzte Kilometer zum Meer spiegelt kleine Reflexe auf die Bordwände. Am Morgen hatte ich den alten Land-Rover auf dem Campingplatz stehenlassen, war mit dem Boot auf dem Klappwagen bis an einen verschlickten Priel gekommen und stünde wohl immer noch dort, wenn mir nicht der Fischer Alberto mit dem Gemüt und der Umsicht eines Möbelpackers die schleimigen Stufen hinuntergeholfen hätte. Während ich an den Strand paddle und aufrigge, steht Alberto wie ein Denkmal regungslos auf dem Deich . "Che bella" ruft er, als ich ablege.

Ja, das Boot ist schön. Dabei ist die Idee, diese schlanken Rümpfe zum Segeln zu bringen, erst 150 Jahre alt. John MacGregor war der erste, der 1867 sein Rob Roy-Kanu mit einem Treibsegel ausrüstete. Baden-Powell, Warington Baden-Powell, der ältere Bruder von Robert dem Pfadfinder, optimierte Rumpfform und Schwertkonstruktionen seiner Nautilus-Segelkanus soweit, dass er auch gegen den Wind segeln konnte. Es entstanden ungeheuer vielseitige Boote mit Stauraum für Zelt, Schlafsack, Campingzeug und Proviant, ebenso gut zu paddeln wie zu segeln: "Sail when you can, paddle when you must." Vorfahren unserer modernen Regattamaschinen, Taifuns und IC-Kanus.

Der letzte Kilometer zum Meer Hier kommt mein Bekenntnis: ich bin fasziniert von großen Tagesetmalen, langen geraden Kompaßkursen durch das große Blau, auf denen es nur noch das Boot, Wasser und Wind gibt. Die Freude, eine gerade Kiellinie durch das Wasser zu ziehen, die sich hinter dem Boot verliert. Das Glücksgefühl, so nahe wie möglich an Wind und Wellen zu sein. Einfach, mit wenig Ausrüstung und kleinem Gepäck unterwegs sein, viel erleben. Wie wäre es mit einem Törn Elba - Korsika, 50 Kilometer? Dafür brauche ich ein vielseitiges Boot. So seetüchtig wie ein Seekajak, mit der Zuladungskapazität eines Kanus, so wendig und flott zu segeln wie eine Jolle - und weniger als 25 Kilo Dachträgergewicht.

Auf dem Weg nach Elba Zunächst segle ich in leichtem Nordwest 1-2 und glatter See Kurs Capraia, schlappe fünfundfünfzig Kilometer westlich, kennt jemand Capraia? Ein idyllischer abgelegener Flecken, nur ab und zu ein Passagierdampfer, der in damals noch ausreichendem Abstand an der Insel vorbeifährt. Der Wind schläft ein und kommt leicht aus West wieder. Ich kann Capraia nicht mehr anliegen und halte stattdessen Kurs auf Elba, Berge im blauen Dunst über silbriger Kimm. Pünktlich einen Kilometer vor der Küste ist der Wind wieder weg. Ich paddle um den Monte Enfola herum und finde dahinter einen schattigen Campingplatz direkt am Strand.
Und schon habe ich Gesellschaft. Ein Paar in meinem Alter spricht mich an, Faltbootpaddler. Es muß das Kanu mit dem roten Segel sein, das die Träume des Tourenpaddlers weckt. Er wünscht sich das Design, in dem Freya Hoffmeister um Australien gepaddelt ist, in Leistenbauweise aus Mahagoni, feurig gemasert und überirdisch schön wie ein Versprechen.

Ich trage das entladene Boot auf der Schulter mühelos auf einen Stellplatz unter Palmen, nur wenige Stufen vom Strand entfernt, mit fantastischem Ausblick über die Bucht. Ein idealer Ankerplatz auf dem Trockenen.

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